Vom 25.08. – 27.08.2023 war Muhô erneut zu Gast im Kô Getsu An und wir erlebten gemeinsam ein durchaus herausforderndes und gleichzeitig sehr harmonisches Sesshin im Antaiji Stil.
Als Gastgeschenk brachte Muhô uns eine mehr als 100 Jahre alte Kaligraphie-Rolle mit, die jetzt die Zendo des Kô Getsu An ziert. Sie zeigt Bodhidharma und verweist in den zu entschlüsselnden Kanji vermutlich auf die Dharma-Übertragung eines Abtes auf einen Nachfolger. Für uns kann dies sinnbildlich für die Übertragung von etwas stehen, was aus uranfänglicher Zeit stammt und über unsere heutige Weltsicht und persönlichen Meinungen und Pläne hinausgeht.
Welche Bedeutung hat „Kein Verdienst – Offene Weite und nichts von Heilig“ heute für uns? oder wie bekomme ich Absichtslosigkeit und persönliche Ziele mit den Anforderungen meines Alltags zusammen?
In seinem Teisho (s.u.) sprach Muhô über Bodhidharma´s Kommen aus dem Westen sowie dessen engste drei Schüler und eine Schülerin und deren Erlangen seiner Haut, seinem Fleisch, den Knochen und dem Mark der Lehre. Muhô verweist darauf, dass es zur Vollständigkeit alle Vier braucht und dass das Mark daher nicht mehr oder weniger wert ist als die Haut. Und auch Dogen sagt, „Es gibt hier keinen Gedanken von genügend oder ungenügend. Die Haut, das Fleisch, die Knochen oder das Mark des Patriarchen haben nichts mit relativer Tiefe zu tun“. Für Dogen liegt der Kern von Bodhidharma´s Aussage im „Du besitzt mein…“ und so liegt es an uns, die Lehre über unsere eigene Haut, das Fleisch, die Knochen etc. zu erfahren und unseren eigenen Ausdruck des Dharma zu verwirklichen.
In diesem Jahr waren Teilnehmende aus diversen Ecken Deutschlands, den Niederlanden und sogar aus Spanien angereist. Wir hatten Glück, denn das Wochenende bescherte uns noch einmal gutes Wetter, so dass sich die 2o Teilnehmenden zum Übernachten, nicht nur im Haus, sondern auch auf mehrere Zelte im Garten verteilen konnten. Auch konnten wir die neu für die Kô Getsu An erworbenen Pavillions einweihen und bequem draußen auf der Zendo Terrasse essen.
Danke an Muhô und alle, die das Sesshin vollständig gemacht haben!
Wenn wir Samu praktizieren, bringen wir unsere Meditation ins Handeln. Samu ist ein besonders wertvoller Teil unserer Praxis. Es bringt uns selbst und unsere Funktionsweise zum Ausdruck.
Samu klärt unseren Geist und zeigt uns, wie wir sind, wie wir der Arbeit, die uns zugeteilt wurde, begegnen. Manchmal ist es ein Wanken zwischen Anhaftung und Abneigung.
Vielleicht verspüren einen Widerwillen, weil wir uns die Arbeit nicht selbst ausgesucht haben und denken, wir würden sie für jemanden anderen tun? Oder wir denken, die Toilette sei nie gründlicher gereinigt worden, als ich sie gerade putze?!
Wollen wir schnell fertig werden, weil es uns lästig ist und wir besseres zu tun haben? Vielleicht würden wir ja lieber Zazen machen oder wären gerne einfach faul?
Ist unsere Autonomie in Not? Wird unsere Kreativität angesprochen? Haben wir einen Blick für das, was gerade nötig ist?
Wie rücken wir dem Schmutz und der Unordnung zu Leibe; vielleicht um Ordnung in uns selbst zu schaffen und uns sicher zu fühlen?
Unordnung ist Leerheit, sich ständig wandelnde Aktivität. Ordnung ist Form, klar und bestimmt, Struktur, abgegrenzt vom unüberschaubaren Chaos um uns herum. In welchem Bereich fühlen wir uns wohler? Haben wir immer auch die andere Seite im Blick?
Wir können dies während Samu, im direkten Handeln und im direkten Kontakt mit unseren Gefühlen und unserem Körper erforschen. Samu ist endlose Praxis. Praxis inmitten des Chaos. Samu ist die Praxis der Harmonie.
Unser Widerstand, unsere Akribie, die Langeweile, vielleicht sogar Aggression können Tore sein, zu mehr Entspannung, Respekt und dem Wunsch, die Schönheit der Dinge hervorzuholen und zu bewahren, für andere…
„Selbst in der größten Hitze, weht noch ein kühles Lüftchen“
„Form ist Leerheit und Leerheit ist Form“, so heißt es im Hannya Shingyo und so gibt es nicht ein Ding, welches nicht von Leerheit durchdrungen ist. Auf diese Weise sind wir alle verbunden mit dem großen Leben, welches uns umgibt und durch uns zum Ausdruck kommt.
Das Wochenende vom 09.06. bis 11.06.2023 war geprägt von tiefer Stille und dem Gewahrsein von Weite und dem ganz Konkreten, im Zazen, dem Samu, der Kraft der Rezitation und im Dokusan mit Christoph Rei Ho Hatlapa.
Es war heiß in diesen Tagen und doch erfrischte uns die Praxis in der Gemeinschaft wie ein kühlendes Lüftchen. Danke an alle Teilnehmenden für die Energie, die die Kô Getsu An als einen wunderbaren Ort der Praxis gestalten.
Christoph Rei Ho Hatlapa hielt an diesem Wochenende zwei inspirierende Teishos:
„Huangbo wirft sich vor einem Buddhabild nieder“
Ein Koan aus dem Shūmon kattōshū (Fall 260), in dem die Frage gestellt wird, „Wenn Du nichts beim Buddha, nichts beim Dharma und nichts bei der Sangha suchen sollst, was suchst Du dann mit diesen Niederwerfungen?“
„Tozan´s Hitze und Kälte“
Ein Koan aus dem Hekiganroku (Fall 43) zu der Frage eines Mönchs, „Wenn Hitze und Kälte uns überfallen, wie können wir ihnen ausweichen?“
Am Ende des Sesshins mit Christoph Rei Ho Hatlapa vom 11.11. – 13.11.2022 im Kô Getsu An, konnten zwei Mitglieder unserer Sangha die Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha nehmen. Die Zufluchtnahme steht für das Prinzip der Einheit, die Lehre oder die universellen Gesetze des Lebens sowie für Harmonie. In einer emotionalen Zeremonie und mit grosser Freude konnten Katja und Daniel diese zentrale und grundlegende Praxis aller buddhistischen Traditionen vollziehen.
Hier ein Gruppenbild mit allen 😉
帰命 (Kimyo)
Als Dankeschön für seine Unterstützer*innen sendet Muhô in diesem Jahr eine Karte mit den Schriftzeichen 帰命 (Kimyo), das bedeutet Zuflucht oder auch Rückkehr zum Leben. Rechts oben ist außerdem ein rotes Siegel mit den Schriftzeichen 自受用三昧 (Jijuyuzanmai) platziert, einem zentralen Begriff von Dogen, den man übersetzen kann als „das Samadhi, in dem man sich selbst annimmt und verwirklicht“. Für Dogen ist es äquivalent mit Zazen, dem reinen Sitzen. Links unten findet sich Muhô´s Name 無方, zusammen mit einem Siegel, welches dasselbe bedeutet, also „keine Richtung“. Kimyo ist gleichbedeutend mit dem bekannteren Wort „Namu“.
NAMU KIE BUTSU NAMU KIE HŌ NAMU KIE SŌ KIE BUTSU MU JŌ SON KIE HŌRI YOKU SON KIE SŌWA GŌ SON KIE BUKKYŌ KIE HŌKYŌ KIE SŌKYŌ
Ich nehme meine Zuflucht zum Buddha, zum Dharma und zur Sangha. Zum Buddha, dem Unvergleichlichen, Ehrwürdigen, nehme ich meine Zuflucht. Zum Dharma, dessen Reinheit ich verehre, nehme ich meine Zuflucht. Zur Sangha, deren harmonisches Leben ich verehre, nehme ich meine Zuflucht. Zum Buddha, zum Dharma und zur Sangha habe ich jetzt meine Zuflucht genommen.
Unter dem Titel „A Zen master and inemuri zazen“ zitierte Muhô im Jahr 2010 in seinem Blog „Adult practice“ aus einem Newsletter des Itabashi Zenji-Tempel in Gotanjoji. Gotanjoji ist eines von etwa dreißig offiziellen Soto-Schulungsklöstern und Itabashi war (er ist mittlerweile verstorben) einer von drei lebenden Menschen, die den Titel eines Zenji trugen.
Itabashi Zenji schrieb darin: „Ich hatte schon immer eine schlechte Körperhaltung, seit ich jung war. Ich bin ein wenig gebückt und lasse den Kopf nach vorne hängen. Ich versuche schon seit langem, das zu ändern. Aber nichts scheint zu helfen. Also dachte ich, dass ich es vielleicht von meiner Mutter geerbt habe, „es muss in den Genen liegen“, sagte ich mir. Meine Haltung, besonders während Zazen, ist schlecht… Ich mache auch viel Inemuri (so nennt man die japanische Praxis, während der Arbeit zu schlafen) während Zazen. Vielleicht liegt es auch an meiner schlechten Haltung, dass ich viele unberechenbare Gedanken und Visionen habe, die während Zazen immer wieder auftauchen…. Mehrmals habe ich den Mönch, der mit dem Kyosaku herumläuft, gebeten, meine Haltung zu korrigieren und mich aus dem Inemuri zu holen, indem er mich sehr hart schlägt. Aber aus irgendeinem Grund ignoriert er diesen alten Mönch. Und nicht nur das: Einer der Mönche hat sogar ein Foto von meinem Zazen-Inemuri gemacht und es mir gezeigt! 60 Jahre sind vergangen, seit ich als Student in Sendai mit Zazen begonnen habe. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben und dachte mir: „Sieh mal, was für ein Mönch du geworden bist! Ich begann, mir während des Zazen ein kleines Kissen auf den Kopf zu legen. Und es brachte das Ergebnis, das ich erwartet hatte: Immer wenn ich anfange, Inemuri zu machen, fällt das Kissen von meinem Kopf und ich wache auf. Manchmal kommt es vor, dass das Kissen während einer Zazen-Periode zehnmal fällt. Vor allem während der zweiten Stunde am Morgen.
Seit ich das Kissen auf den Kopf lege, hat sich meine Haltung so sehr verbessert, dass ich es selbst erkennen kann. Meine Wirbelsäule scheint gerade zu sein und verbindet das Steißbein direkt mit dem oberen Teil meines Schädels. Meine Hüften sind geerdet und ich beginne ganz natürlich aus dem Bauch heraus zu atmen…“.
Muhô bemerkte dazu: „Ich denke, wir können aus diesem Newsletter viele Dinge lernen. Von der Demut eines wahren Zen-Meisters zum Beispiel. Aber auch über die Bedeutung von zazen kufu, einem der beiden Aspekte der Zen-Praxis, die Dogen Zenji am Ende des Gakudoyojinshu erwähnt (der andere Aspekt ist monpo sanshi, d.h. die Begegnung mit einem Meister und das Fragen nach dem Dharma, bzw. vom Dharma in Frage gestellt werden). Zazen kufu bedeutet, sein Bestes in Zazen zu geben, „sein Bestes geben“ bedeutet hier, zu experimentieren, verschiedene Wege auszuprobieren, alles zu geben, niemals aufzugeben. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der ein solches Kufu macht, wie Itabashi Zenji in seinem hohen Alter. Respekt!“ Muho Noelke, Abt von Antaiji (2010)
In unserer Praxis des Zen & Sensory Awareness experimentieren wir ebenfalls häufig mit einem Säckchen oder einem Stein, um die Aufrichtung mit der Schwerkraft und die Wirkung auf die Haltung zu erforschen. Muhô´s Zeilen zum zazen kufu sind eine Ermutigung, inmitten der Form, kreative Wege zu finden, diese mit Leben zu füllen. Ob wir nun mit einem Säckchen auf dem Kopf oder anderen Dingen, dem Boden, dem Zafu, einem Stock, einer Schale Tee üben, ob wir die Gesten, die Schwerkraft oder einfach den Atem erforschen, alles ist eine Gelegenheit die Praxiserfahrungen zu vertiefen. Dabei geht es nicht um die Aspekte von „richtig und falsch“, sondern darum, uns immer wieder neu in Beziehung zu erleben und uns vertrauensvoll in die Wirklichkeit hinein zu werfen.
Taiwa ist ein Gespräch unter vier Augen, während dem man Fragen zur Praxis, Hindernisse und Schwierigkeiten und/oder die eigenen Lebensthemen besprechen kann. Jenseits möglicher Fragestellungen im Mondo, im Beisein der Sangha, beim Tee oder des Austauschs zwischen Tür und Angel (in der Umkleide etc.), schaffen wir so zusätzlich Raum für ein vertrauliches Gespräch. Es ist ein Raum, in dem sich zwei Übende begegnen, als Gastgeber oder als Gast. Der zeitliche Rahmen wird dabei begrenzt sein, um möglichst direkt zum Kern der Sache zu gelangen. So ist Taiwa eine gute Gelegenheit die eigene Praxis zu vertiefen, in dem wir uns im Zuhören üben und gleichzeitig unsere Fragen und Antworten verfeinern. Manchmal geht es vielleicht auch einfach darum, sich auszuhalten.
Taiwa ist freiwillig und doch empfehlenswert. Es findet während des regulären Zazen in einem Nebenraum statt.
Johanna Ho Ka bietet Taiwa während der Zen Tage Offene Weite im Kô Getsu An an. Im San Bo Dojo gibt es Taiwa, immer am 1. Donnerstag eines Monats, mit Patrick Ho Kai.
Es war ein grossartiges Zazenkai „Frauen im Zen“ am Abend des 21.10.2022 im Kô Getsu An.
Das Koan, welches dem Buch „Das verborgene Licht“ entnommen wurde, lautet:
„Linji und die alte Frau, die den Ochsen antreibt“
Meister Linji suchte Meister Bingdian An auf. Auf dem Weg dorthin begegnete ihm eine alte Frau, die einen Ochsen aufs Feld trieb. Linji fragte sie: „Welches ist der Weg, der zu Bingdian führt?“ Die Frau schlug den Ochsen mit ihrem Stock und sagte: „Dieses Tier. Es läuft überall hin, ohne den Weg überhaupt zu kennen“. Linji wiederholte: „Ich habe dich etwas gefragt. Welches ist der Weg, der zu Bingdian führt? Die Frau sagte: „Dieses Biest! Es ist fünf Jahre alt und kann immer noch nicht dazu gebracht werden, sich nützlich zu machen. Linji sagte zu sich: „Wenn du von dem Menschen, den du vor dir hast, etwas erfahren willst, beobachte zuerst, was er tut“. Und er hatte das Gefühl, dass ein Stolperstein aus dem Weg geräumt war. Als er bei Meister An eintraf, fragte dieser ihn: „Ist dir meine Schwägerin begegnet?“ Linji sagte: „Ja, ich wurde bereits von ihr an die Kandare genommen“.
Mit Zazen und drei Stellvertreter*innen haben wir im „Koan-Worldcafe“ das Koan erforscht, sind nacheinander in die drei Positionen der Geschichte eingetaucht, um am Ende aus drei unterschiedlichen Perspektiven bei uns selbst anzukommen.
Dabei begleiteten uns Fragen wie „Ist es möglich, dem launischen Geist beizubringen, auf dem Dharma-Weg zu bleiben?“, „Wie heißt Dein innerer Ochse?“ und „Wenn Du einer Fremden begegnest, woran erkennst Du, ob es eine Lehrerin ist?“
Danke an Johanna To Jaku für diese wunderbar bunte Methodenvielfalt und kreative Heranführung an die Koan Arbeit und das eigene Erleben.
„Weil dir der Weg im Weg ist, wird dieser Ort ganz klar, weil dir das Erwachen im Weg ist, wirst du ganz zu dem, der du bist“ (Dogen)
Das Wochenende mit Muhô im Kô Getsu An war eine wunderbare Erfahrung, auch wenn das ungewohnt lange Sitzen im Antaiji Stil nicht nur angenehm war. Ich höre diejenigen, die dabei waren, jetzt gerade kurz auflachen, denn den meisten wird es ähnlich gegangen sein. Die vielen Stunden Zazen, die Erschöpfung, die Verzweiflung, das Aufgeben, Wechselbäder von Gefühlen, all das geht an die Substanz. Im Anschluss an das Sesshin drang von verschiedenen Seiten die Frage an mein Ohr, die ich mir zwischendurch auch gestellt habe, „Warum?“ Meine Antwort finde ich am nächsten Abend, während des Zazen, „Genau darum!“
„Und plötzlich ist da dieses Feuer auf Deinem Kopf?!„
Wie kann ich dieses Feuer löschen? Der Weg, Zazen steht mir im Weg, fordert mich heraus, Kontrolle scheint unmöglich. Darüber nachgedacht hatte ich im Vorfeld schon, doch die Erfahrung ist wieder etwas anderes. Der Impuls, einfach wegzugehen, zurück zu der Person, die ich gerne wäre, die sich im Leben und in seinen Rollen eingerichtet hat. Der Mann, der Vater, der Mönch, all das hilft nun nicht mehr weiter. Und so zerfallen die Bilder, die ich mir von mir selbst und meiner Praxis mache. Vieles davon habe ich bis heute natürlich längst wieder aufgesammelt, doch ich glaube, es ist wichtig, die eigenen Routinen immer wieder zu durchbrechen, um Raum zu schaffen für Neues.
Zum Ende des Sesshins schenkte uns Muhô ein Teisho zu Dogen´s Tenzo Kyokun. Dies passte nicht nur deshalb so wunderbar, weil wir, nach gerade mal etwas mehr als einem Jahr, bereits viele Zutaten (Mangold, Tomaten, Äpfel, Kapuzinerkresse usw.) aus dem Garten des Kô Getsu An für die gemeinsamen Mahlzeiten nutzen konnten. Dogen´s Verschmelzung von Alltags- und Zenpraxis in der Rolle des Klosterkochs bot Muhô an praktischen Beispielen dar, in denen wohl jeder und jede etwas für sich entdecken konnte. „Wie kultivieren wir die drei Herzen des Kochs?“, „Sortiere ich den Reis aus oder den Sand?“, egal was wir von diesem Sesshin mitnehmen, eine Frage oder eine Antwort, wir alle teilten eine intime Erfahrung von Gemeinschaft und Stille, in den Grenzregionen dieses Körper-Geistes.
Danke an Muhô, Johanna (Tenzo) und die Küchencrew und die Sangha.
… sind ein Bindeglied zwischen der Praxis im Dojo und unserem Alltag und daher ein wichtiger Bestandteil der Zen-Übung. In der konkreten Handlung erfahren wir unsere Beziehung mit den Dingen. Wenn wir einen Gegenstand sauber machen, nehmen wir ihn in die Hand, reinigen ihn und setzen ihn dann wieder an seinen Platz. Dadurch drücken wir unsere Wertschätzung und Dankbarkeit aus.
Das gemeinsame Arbeiten im Haus (Soji) oder im Garten (Samu) eint uns als Sangha, da wir alle zusammen daran mitwirken, unsere Orte der Praxis sauber und klar zu halten. Die manchmal auch anstrengende Arbeit im Garten hilft uns unsere Körper nach langem Sitzen wieder in Bewegung zu bringen und geistige Prozesse auch körperlich „durchzuarbeiten“.
Der Kô Getsu An bietet die wunderbare Möglichkeit, Zeit in und mit der Natur zu erleben und die Praxis des Weges zu gestalten. Manchmal würden wir vielleicht lieber Pause machen, als Gemüse zu schneiden, den Hof zu fegen oder die Toiletten zu reinigen. Sich mit einem kleinen Läppchen jedem Quadratzentimeter seiner Umgebung zu widmen, reinigt jedoch auch den Geist und bietet uns Erholung in anderer Form. Gerade „nur dies“ zu tun, was mir vom Samu-Verantwortlichen aufgetragen wurde, befreit mich von den ewigen Überlegungen und Bewertungen, dem Mögen und Ablehnen.
Im Soji/Samu erschaffen wir einen friedlichen Ort. Wir alle gestalten diesen Ort und doch kommt es nicht auf uns an, wie Muhô gerne zu sagen pflegt…
Nachdem ich 2005 die Zuflucht zu Buddha, Dharma und zur Sangha genommen habe und als Laienschülerin ordiniert wurde, empfing ich am Pfingstsonntag, dem 05. Juni 2022, von Zenmeister Christoph To Toku Rei Ho Hatlapa die Vollordination als Nonne. Zur Ordination habe ich den Namen TO JAKU erhalten. To steht für Pfirsichblüte und bekräftigt meine Zugehörigkeit zum Tempel To Gen Ji. Jaku bedeutet Stille.
Mein Dharmaname lautet nunmehr TO JAKU HO KA. Ho Ka ist mein Dharmaname, den ich zur Laienordination erhielt und bedeutet Gipfel und Blume.
Christoph sagt, damit bin ich jetzt eine „Profinonne“. Das heißt aber nun gerade nicht, dass meine Praxis in irgendeiner Weise professioneller oder wertvoller ist, als sie vorher als Laienordinierte war. Es ist vielmehr ein erneuertes Versprechen an mich selbst und an die Sangha, mein Leben und Wirken voll und ganz in den Dienst von Buddha, Dharma und Sangha zu stellen.
Die Zeremonie, die am Pfingstsonntag in meinem Muttertempel, dem To Gen Ji in Steyerberg stattfand, war sehr bewegend. Ich hatte das große Glück, dass ein junger Mann chinesischer Herkunft, der in China mit der Chan Praxis begonnen hatte und zur Zeit in Kassel studiert, an diesem Tag im To Gen Ji Zuflucht nahm zu Buddha, Dharma und zur Sangha. So war die Zeremonie nicht nur generations- sondern auch traditionsübergreifend. Einmal mehr erfüllte mich Christophs wertschätzende und offene Haltung, die er in seinem Teisho über die in China wieder aufblühenden Chan Praxis vermittelte, mit Freude.
In unserer Tradition lesen wir zur Zufluchtnahme die ersten fünf Silas und zur Laien- und Vollordination auch die weiteren fünf Silas. Unser chinesischer Gast las also die ersten fünf Silas, „die fünf wunderbaren Übungen der Achtsamkeit“ nach einer Übersetzung von Thich Nhat Hanh vor, und ich die weiteren fünf Silas, „die fünf weitergehenden Tugendempfehlungen für Mönche, Nonnen und Laienschüler“ in der mich sehr berührenden Version von Christoph Hatlapa vor.
Alle Vorhaben, nicht zu rührselig zu werden, musste ich schnell über den Haufen werfen. Jedes Wort strömte in einer Wahrhaftigkeit durch mich durch und machte mir den Ernst der Lage bewusst. Da saß ich nun im To Gen Ji, dem von so vielen fleißigen Händen gebauten und gepflegten Pfirsichblüten Tempel – inmitten alter und neuer Zenbrüder und -schwestern, mit denen mich wundervolle, auch aufwühlende und schwierige Erfahrungen verbinden, um mein Versprechen unter (nicht nur meinen) Tränen zu erneuern, diesen Empfehlungen mit aller Kraft zu folgen.
In der 6. Empfehlung heißt es: „Nicht über die Fehler anderer reden. Des Leides für die Gemeinschaft bewusst, das durch Reden über die Fehler anderer entsteht, seien es Ordinierte oder Laien, gelobe ich, allen Angehörigen der Sangha zu jeder Zeit mit tiefem, von Herzen empfundenen Respekt zu begegnen. Ich bin entschlossen, jedwedem Klatsch und Tratsch den Boden zu entziehen und Wege zu finden, das Gruppenwesen der Sangha in jedem Mitglied zu achten und zu ehren. Wenn Gedanken der Kritik und Beurteilung anderer in mir auftauchen, bin ich mir darüber im Klaren, dass ich selbst Einfühlung brauche, und dass mich meine Urteile vom lebendigen Leben abtrennen. Ich finde Wege, durch meditative Selbsteinfühlung oder indem ich andere um mitfühlende Anteilnahme bitte, dafür zu sorgen, dass ich meine unerfüllten Bedürfnisse wahrnehme und deren Schönheit mit meinem Herzen sehe. Ich bin mir bewusst, dass ich damit den Gemeinschaftsgeist stärke und zur gegenseitigen Ermutigung beitrage.(…)“
Beim lauten Vorlesen traf mich mit voller Wucht die Schönheit dieser Worte, als wenn ich sie zum ersten mal höre. Ich bin zutiefst dankbar, in Christoph einen Lehrer zu haben, der mich schon so lange auf meinem spirituellen Weg begleitet. Der unermüdlich mit Hingabe und seinem Herzblut unsere Sangha und jedes einzelne Gruppenmitglied unterstützt und mit weisen Worten und Taten den Gemeinschaftsgeist fördert. Jedem Gruppenmitglied der Choka Sangha bin ich dankbar für den Mut, sich ehrlich und aufrichtig miteinander auf den Weg zu machen und dabei nicht nur die eigene spirituelle Entwicklung sondern auch den des Gruppenwesens, alle Tiere und Pflanzen um uns herum einschließend, im Sinn zu haben. Diese Haltung möge auch mein Handeln und Wirken für unsere örtliche Sangha rund um das Bonner San Bo Dojo und unser Kô Getsu An in Blankenbach führen.
Mir liegt das Wohlergehen unserer Sangha sehr am Herzen. Ich bin mir bewusst, dass wir uns dabei mit der Praxis beider großer Zen Schulen, der Soto Schule und der Rinzai Schule, unter einem Dach, großen Herausforderung hingeben. Unter diesen Bedingungen den Gemeinschaftsgeist zu pflegen und zu hegen, dabei nicht in den Vergleich und in die Beurteilung der manchmal unbequem (z.B. zur Wand sitzen) oder unlogisch (warum nur ein so langes Run Up beim Han schlagen?) erscheinenden Rituale und damit der alltäglichen Praxis zu gehen, ist gerade im alltäglichen „klösterlichen“ Tun nicht gerade einfach.
Ich bin überzeugt, dass uns das Handeln im alltägliche Geist dabei eine große Unterstützung und ein Tor ist, dass ich gerne weit offen halte: gemeinsam Gartenbeete bestellen, Apfelkompott kochen, Holz hacken (und dafür vorher einen Ofen einbauen), Wasser holen (oder dafür eine Bewässerungsanlage bauen), Kartoffeln groß ziehen, sie schälen und gemeinsam aufessen, das Haus reinigen – diese alltäglichen gemeinsamen Aufgaben sind für alle gleich, bringen uns zusammen, verbinden uns miteinander. Ich bin zutiefst dankbar, hier einen Ort gefunden zu haben, an dem diese gemeinschaftliche Praxis sich natürlich entwickeln kann. Dabei wird mir meine Verbindung zu Christoph als meinem spirituellen Lehrer und meinem Muttertempel To Gen Ji Kraft geben, aber auch meine Bereitschaft zur Unterstützung der Choka Sangha in Steyerberg unerschütterlich sein.
Zum Abschluss der Ordination bekräftigte ich meine Entscheidung durch das Vortragen unseres Tempelmanifests (https://choka-sangha.de/tempelmanifest), das unsere Haltung und unser Handeln im Tempel To Gen Ji leitet. Von Herzen und ohne Einschränkung gilt diese Haltung für mich persönlich auch für meinen Einastz für die Praxisorte in Bonn und Blankenbach.
Möge mein Wirken als „Profinonne“ zur stillen Kraftquelle des Gruppenwesens werden.
Johanna To Jaku Ho Ka
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