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Herbstmond Sesshin mit Christoph Rei Ho Hatlapa im Kô Getsu An

Anfang November 2023 hatten wir wieder Gelegenheit zusammen mit Christoph Rei Ho Hatlapa ein Sesshin im Kô Getsu An zu praktizieren. Nach einer einigermaßen beschwerlichen Anreise mit der Deutschen Bahn, erreichte Christoph zur Freude aller Teilnehmenden, sicher die kleine Einsiedelei in Blankenbach. Nach einer Einführung in die Form, begann das Sesshin mit einer gemeinsamen Schale Tee. So konnten wir unsere Praxis auf den vier Säulen des Tee Weges, Harmonie, Respekt, Reinheit und Stille gründen, wie Christoph in seinen einleitenden Worten sagte.

Die Gruppe aus erfahrenen Zen Menschen und Sesshin-Neulingen fand schnell zusammen und wir konnten ein Herz werden. Jede und jeder hatte Gelegenheit, im Dokusan unter vier Augen mit Christoph zu sprechen. Außerdem konnten wir zwei sehr schönen Teishos lauschen; über den alltäglichen Geist des Weges sowie über den Mond und dessen Einfluss auf unser Leben. Der Mond (Getsu) spiegelt sich ja auch im Namen der Einsiedelei klarer Mond wieder.

Nachdem ein aufkommender Sturm unseren bis dahin als Essraum eingeplanten grossen Pavillion fast weggeblasen hätte und wir ihn daher kurz vor dem Sesshin abbauen mussten, saßen wir zu den Mahlzeiten nun alle an einer grossen Tafel in der Küche zusammen. Das Wetter hielt sich dann doch einigermaßen an unsere Sesshin Zeiten und so konnen beim Samu, neben den Arbeiten im Haus, sogar auch einige Projekte draußen im Garten umgesetzt werden.

Eine Teilnehmerin schrieb: “Der Mond war allgegenwärtig am vergangenen Wochenende, in Christophs Worten, seinen durch Herz in Hand übertragenen Mond-Bildern als Kalligraphien, dem großen weiten Raum der Einsiedelei klarer Mond und in der Miso-Suppe” und verfasste gleichzeitig eine

Ode an die Suppe

Die Schale ist halbvoll mit Suppe gefüllt:
Miso mit Alge, Pilzen und Lauch.
Es ertönt das Kellen-Geschöpfe und Stäbchen-Geklapper.
Hinter den Geräuschen eröffnet die Stille ihren Raum.
Im Spiegelbild der Suppe leuchtet die Lampe über dem Tisch.

Der Stäbchen-Rhythmus wird zur Symphonie.
Und plötzlich erscheint in der Suppenschale
sein Antlitz, voll, rund, trennscharf von Algen, Lauch und Fettaugen zu sehen.
Es ist der Mond, als leuchtender Lichtball.

Genauer betrachtet sind es nicht Fettaugen, die seinen Rand säumen,
es sind tausende Sterne, die blitzen blinkend aus der Schale erstrahlen.
Ein Meer an Lichtgestalten.

Gerade noch Sterne werden sie zu geometrischen Gebilden, weichkantige Quadrate, in dessen Mitte sich wiederum Formen arrangieren.
Jedes Gebilde steht für sich und verschwimmt zu Zeiten durch seinen leuchtenden Rand in andere Gebilde.

An dem Ort wo Suppe an Schale grenzt, umgibt eine fast unsichtbare silberne Schnur Sterne und Mond –
die Einheit symbolisierend, den ganzen Suppen-Kosmos haltend.

Salzige Tränen der Rührung rollen in die salzige Miso-Suppe und vermischen sich mit ihr, als wären beide nie voneinander getrennt gewesen.

"Getsu" (Mond), Christoph Rei Ho Hatlapa
“Getsu” (Mond), Christoph Rei Ho Hatlapa

Der gemeinsamen Zeit lag eine tiefe Stille zugrunde, aus der eine kraftvolle Rezitation erwuchs sowie berührende Begegnungen in den Gesten, beim Essen und im Teegeben und -empfangen. In einer bewegenden Zeremonie nahm Burkhard am Ende des Sesshins schließlich seine Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha.

Danke an alle Teilnehmenden für dieses kraftvollen Sesshin Wochenende!

Zen Angebote 2024

12.01.2024: Jahresgruppe “Frauen im Zen”
14.01.2024: Zen und Bogen
19.01. – 21.01.2024: Sesshin mit Patrick Ho Kai (Antaiji Stil)
11.02.2024: Zen Tag Offene Weite
01.03. – 03.03.2024: Sesshin mit Christoph Rei Ho Hatlapa
08.03.2024: Jahresgruppe “Frauen im Zen”
10.03.2024: Zen Tag in Stille
14.04.2024: Zen und Bogen
26.04. – 28.04.2024: Zen und Sensory Awareness
12.05.2024: Zen Tag Offene Weite
24.5.2024: Jahresgruppe “Frauen im Zen”
30.05. – 02.06.2024: Samu Sesshin
09.06.2024: Zen Tag in Stille
12.07.2024: Jahresgruppe “Frauen im Zen”
14.07.2024: Zen und Bogen
11.08.2024: Zen Tag Offene Weite
23.08. – 25.08.2024: Sesshin mit Muhô
08.09.2024: Zen Tag in Stille
13.09.2024: Jahresgruppe “Frauen im Zen”
21.09.2024: Garten Samu Tag
06.10.2024: Zen und Bogen
11.10. – 13.10.2024: Zen und Sensory Awareness
25.10. – 27.10.2024: Sesshin mit Christoph Rei Ho Hatlapa
22.11.2024: Jahresgruppe “Frauen im Zen”
24.11.2024: Zen Tag Offene Weite
08.12.2024: Zen Tag in Stille

Sesshin mit Muhô im Kô Getsu An 2023

Vom 25.08. – 27.08.2023 war Muhô erneut zu Gast im Kô Getsu An und wir erlebten gemeinsam ein durchaus herausforderndes und gleichzeitig sehr harmonisches Sesshin im Antaiji Stil.

Als Gastgeschenk brachte Muhô uns eine mehr als 100 Jahre alte Kaligraphie-Rolle mit, die jetzt die Zendo des Kô Getsu An ziert. Sie zeigt Bodhidharma und verweist in den zu entschlüsselnden Kanji vermutlich auf die Dharma-Übertragung eines Abtes auf einen Nachfolger. Für uns kann dies sinnbildlich für die Übertragung von etwas stehen, was aus uranfänglicher Zeit stammt und über unsere heutige Weltsicht und persönlichen Meinungen und Pläne hinausgeht.

Welche Bedeutung hat “Kein Verdienst – Offene Weite und nichts von Heilig” heute für uns? oder wie bekomme ich Absichtslosigkeit und persönliche Ziele mit den Anforderungen meines Alltags zusammen?

In seinem Teisho (s.u.) sprach Muhô über Bodhidharma´s Kommen aus dem Westen sowie dessen engste drei Schüler und eine Schülerin und deren Erlangen seiner Haut, seinem Fleisch, den Knochen und dem Mark der Lehre. Muhô verweist darauf, dass es zur Vollständigkeit alle Vier braucht und dass das Mark daher nicht mehr oder weniger wert ist als die Haut. Und auch Dogen sagt, “Es gibt hier keinen Gedanken von genügend oder ungenügend. Die Haut, das Fleisch, die Knochen oder das Mark des Patriarchen haben nichts mit relativer Tiefe zu tun”. Für Dogen liegt der Kern von Bodhidharma´s Aussage im “Du besitzt mein…” und so liegt es an uns, die Lehre über unsere eigene Haut, das Fleisch, die Knochen etc. zu erfahren und unseren eigenen Ausdruck des Dharma zu verwirklichen.

In diesem Jahr waren Teilnehmende aus diversen Ecken Deutschlands, den Niederlanden und sogar aus Spanien angereist. Wir hatten Glück, denn das Wochenende bescherte uns noch einmal gutes Wetter, so dass sich die 2o Teilnehmenden zum Übernachten, nicht nur im Haus, sondern auch auf mehrere Zelte im Garten verteilen konnten. Auch konnten wir die neu für die Kô Getsu An erworbenen Pavillions einweihen und bequem draußen auf der Zendo Terrasse essen.

Danke an Muhô und alle, die das Sesshin vollständig gemacht haben!

Teisho von Muhô auf YouTube:

Tanz mit dem Besen – Gedanken zum Samu

Wenn wir Samu praktizieren, bringen wir unsere Meditation ins Handeln. Samu ist ein besonders wertvoller Teil unserer Praxis. Es bringt uns selbst und unsere Funktionsweise zum Ausdruck.

Samu klärt unseren Geist und zeigt uns, wie wir sind, wie wir der Arbeit, die uns zugeteilt wurde, begegnen. Manchmal ist es ein Wanken zwischen Anhaftung und Abneigung.

Vielleicht verspüren einen Widerwillen, weil wir uns die Arbeit nicht selbst ausgesucht haben und denken, wir würden sie für jemanden anderen tun?
Oder wir denken, die Toilette sei nie gründlicher gereinigt worden, als ich sie gerade putze?!

Wollen wir schnell fertig werden, weil es uns lästig ist und wir besseres zu tun haben? Vielleicht würden wir ja lieber Zazen machen oder wären gerne einfach faul?

Ist unsere Autonomie in Not?
Wird unsere Kreativität angesprochen?
Haben wir einen Blick für das, was gerade nötig ist?

Wie rücken wir dem Schmutz und der Unordnung zu Leibe; vielleicht um Ordnung in uns selbst zu schaffen und uns sicher zu fühlen?

Unordnung ist Leerheit, sich ständig wandelnde Aktivität.
Ordnung ist Form, klar und bestimmt, Struktur, abgegrenzt vom unüberschaubaren Chaos um uns herum.
In welchem Bereich fühlen wir uns wohler? Haben wir immer auch die andere Seite im Blick?

Wir können dies während Samu, im direkten Handeln und im direkten Kontakt mit unseren Gefühlen und unserem Körper erforschen.
Samu ist endlose Praxis. Praxis inmitten des Chaos. Samu ist die Praxis der Harmonie.

Unser Widerstand, unsere Akribie, die Langeweile, vielleicht sogar Aggression können Tore sein, zu mehr Entspannung, Respekt und dem Wunsch, die Schönheit der Dinge hervorzuholen und zu bewahren, für andere…

Sesshin mit Christoph Rei Ho Hatlapa

“Selbst in der größten Hitze, weht noch ein kühles Lüftchen”

“Form ist Leerheit und Leerheit ist Form”, so heißt es im Hannya Shingyo und so gibt es nicht ein Ding, welches nicht von Leerheit durchdrungen ist. Auf diese Weise sind wir alle verbunden mit dem großen Leben, welches uns umgibt und durch uns zum Ausdruck kommt.

Das Wochenende vom 09.06. bis 11.06.2023 war geprägt von tiefer Stille und dem Gewahrsein von Weite und dem ganz Konkreten, im Zazen, dem Samu, der Kraft der Rezitation und im Dokusan mit Christoph Rei Ho Hatlapa.

Es war heiß in diesen Tagen und doch erfrischte uns die Praxis in der Gemeinschaft wie ein kühlendes Lüftchen. Danke an alle Teilnehmenden für die Energie, die die Kô Getsu An als einen wunderbaren Ort der Praxis gestalten.


Christoph Rei Ho Hatlapa hielt an diesem Wochenende zwei inspirierende Teishos:

“Huangbo wirft sich vor einem Buddhabild nieder”

Ein Koan aus dem Shūmon kattōshū (Fall 260), in dem die Frage gestellt wird, “Wenn Du nichts beim Buddha, nichts beim Dharma und nichts bei der Sangha suchen sollst, was suchst Du dann mit diesen Niederwerfungen?”

“Tozan´s Hitze und Kälte”

Ein Koan aus dem Hekiganroku (Fall 43) zu der Frage eines Mönchs, “Wenn Hitze und Kälte uns überfallen, wie können wir ihnen ausweichen?”

Zuflucht meint, Rückkehr zum Leben

Am Ende des Sesshins mit Christoph Rei Ho Hatlapa vom 11.11. – 13.11.2022 im Kô Getsu An, konnten zwei Mitglieder unserer Sangha die Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha nehmen. Die Zufluchtnahme steht für das Prinzip der Einheit, die Lehre oder die universellen Gesetze des Lebens sowie für Harmonie. In einer emotionalen Zeremonie und mit grosser Freude konnten Katja und Daniel diese zentrale und grundlegende Praxis aller buddhistischen Traditionen vollziehen.

Hier ein Gruppenbild mit allen 😉

帰命 (Kimyo)

Als Dankeschön für seine Unterstützer*innen sendet Muhô in diesem Jahr eine Karte mit den Schriftzeichen 帰命 (Kimyo), das bedeutet Zuflucht oder auch Rückkehr zum Leben. Rechts oben ist außerdem ein rotes Siegel mit den Schriftzeichen 自受用三昧 (Jijuyuzanmai) platziert, einem zentralen Begriff von Dogen, den man übersetzen kann als “das Samadhi, in dem man sich selbst annimmt und verwirklicht”. Für Dogen ist es äquivalent mit Zazen, dem reinen Sitzen. Links unten findet sich Muhô´s Name 無方, zusammen mit einem Siegel, welches dasselbe bedeutet, also “keine Richtung”. Kimyo ist gleichbedeutend mit dem bekannteren Wort “Namu”.

NAMU KIE BUTSU
NAMU KIE HŌ
NAMU KIE SŌ
KIE BUTSU MU JŌ SON
KIE HŌRI YOKU SON
KIE SŌWA GŌ SON
KIE BUKKYŌ
KIE HŌKYŌ
KIE SŌKYŌ

Ich nehme meine Zuflucht zum Buddha, zum Dharma und zur Sangha.
Zum Buddha, dem Unvergleichlichen, Ehrwürdigen, nehme ich meine Zuflucht.
Zum Dharma, dessen Reinheit ich verehre, nehme ich meine Zuflucht.
Zur Sangha, deren harmonisches Leben ich verehre, nehme ich meine Zuflucht.
Zum Buddha, zum Dharma und zur Sangha habe ich jetzt meine Zuflucht genommen.

Zazen kufu

Unter dem Titel “A Zen master and inemuri zazen” zitierte Muhô im Jahr 2010 in seinem Blog “Adult practice” aus einem Newsletter des Itabashi Zenji-Tempel in Gotanjoji. Gotanjoji ist eines von etwa dreißig offiziellen Soto-Schulungsklöstern und Itabashi war (er ist mittlerweile verstorben) einer von drei lebenden Menschen, die den Titel eines Zenji trugen.

Itabashi Zenji schrieb darin:
“Ich hatte schon immer eine schlechte Körperhaltung, seit ich jung war. Ich bin ein wenig gebückt und lasse den Kopf nach vorne hängen. Ich versuche schon seit langem, das zu ändern. Aber nichts scheint zu helfen. Also dachte ich, dass ich es vielleicht von meiner Mutter geerbt habe, “es muss in den Genen liegen”, sagte ich mir. Meine Haltung, besonders während Zazen, ist schlecht… Ich mache auch viel Inemuri (so nennt man die japanische Praxis, während der Arbeit zu schlafen) während Zazen. Vielleicht liegt es auch an meiner schlechten Haltung, dass ich viele unberechenbare Gedanken und Visionen habe, die während Zazen immer wieder auftauchen…. Mehrmals habe ich den Mönch, der mit dem Kyosaku herumläuft, gebeten, meine Haltung zu korrigieren und mich aus dem Inemuri zu holen, indem er mich sehr hart schlägt. Aber aus irgendeinem Grund ignoriert er diesen alten Mönch. Und nicht nur das: Einer der Mönche hat sogar ein Foto von meinem Zazen-Inemuri gemacht und es mir gezeigt! 60 Jahre sind vergangen, seit ich als Student in Sendai mit Zazen begonnen habe. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben und dachte mir: “Sieh mal, was für ein Mönch du geworden bist! Ich begann, mir während des Zazen ein kleines Kissen auf den Kopf zu legen. Und es brachte das Ergebnis, das ich erwartet hatte: Immer wenn ich anfange, Inemuri zu machen, fällt das Kissen von meinem Kopf und ich wache auf. Manchmal kommt es vor, dass das Kissen während einer Zazen-Periode zehnmal fällt. Vor allem während der zweiten Stunde am Morgen.

Seit ich das Kissen auf den Kopf lege, hat sich meine Haltung so sehr verbessert, dass ich es selbst erkennen kann. Meine Wirbelsäule scheint gerade zu sein und verbindet das Steißbein direkt mit dem oberen Teil meines Schädels. Meine Hüften sind geerdet und ich beginne ganz natürlich aus dem Bauch heraus zu atmen…”.

Muhô bemerkte dazu: “Ich denke, wir können aus diesem Newsletter viele Dinge lernen. Von der Demut eines wahren Zen-Meisters zum Beispiel. Aber auch über die Bedeutung von zazen kufu, einem der beiden Aspekte der Zen-Praxis, die Dogen Zenji am Ende des Gakudoyojinshu erwähnt (der andere Aspekt ist monpo sanshi, d.h. die Begegnung mit einem Meister und das Fragen nach dem Dharma, bzw. vom Dharma in Frage gestellt werden). Zazen kufu bedeutet, sein Bestes in Zazen zu geben, “sein Bestes geben” bedeutet hier, zu experimentieren, verschiedene Wege auszuprobieren, alles zu geben, niemals aufzugeben. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der ein solches Kufu macht, wie Itabashi Zenji in seinem hohen Alter. Respekt!” Muho Noelke, Abt von Antaiji (2010)

In unserer Praxis des Zen & Sensory Awareness experimentieren wir ebenfalls häufig mit einem Säckchen oder einem Stein, um die Aufrichtung mit der Schwerkraft und die Wirkung auf die Haltung zu erforschen. Muhô´s Zeilen zum zazen kufu sind eine Ermutigung, inmitten der Form, kreative Wege zu finden, diese mit Leben zu füllen. Ob wir nun mit einem Säckchen auf dem Kopf oder anderen Dingen, dem Boden, dem Zafu, einem Stock, einer Schale Tee üben, ob wir die Gesten, die Schwerkraft oder einfach den Atem erforschen, alles ist eine Gelegenheit die Praxiserfahrungen zu vertiefen. Dabei geht es nicht um die Aspekte von “richtig und falsch”, sondern darum, uns immer wieder neu in Beziehung zu erleben und uns vertrauensvoll in die Wirklichkeit hinein zu werfen.

Weitere Infos zu Zen & Sensory Awareness

Taiwa … unter vier Augen

Taiwa ist ein Gespräch unter vier Augen, während dem man Fragen zur Praxis, Hindernisse und Schwierigkeiten und/oder die eigenen Lebensthemen besprechen kann. Jenseits möglicher Fragestellungen im Mondo, im Beisein der Sangha, beim Tee oder des Austauschs zwischen Tür und Angel (in der Umkleide etc.), schaffen wir so zusätzlich Raum für ein vertrauliches Gespräch. Es ist ein Raum, in dem sich zwei Übende begegnen, als Gastgeber oder als Gast. Der zeitliche Rahmen wird dabei begrenzt sein, um möglichst direkt zum Kern der Sache zu gelangen. So ist Taiwa eine gute Gelegenheit die eigene Praxis zu vertiefen, in dem wir uns im Zuhören üben und gleichzeitig unsere Fragen und Antworten verfeinern. Manchmal geht es vielleicht auch einfach darum, sich auszuhalten.

Taiwa ist freiwillig und doch empfehlenswert. Es findet während des regulären Zazen in einem Nebenraum statt.

Johanna Ho Ka bietet Taiwa während der Zen Tage Offene Weite im Kô Getsu An an. Im San Bo Dojo gibt es Taiwa, immer am 1. Donnerstag eines Monats, mit Patrick Ho Kai.

Linji und die alte Frau, die den Ochen antreibt

Es war ein grossartiges Zazenkai „Frauen im Zen“ am Abend des 21.10.2022 im Kô Getsu An.

Das Koan, welches dem Buch “Das verborgene Licht” entnommen wurde, lautet:

„Linji und die alte Frau, die den Ochsen antreibt“

Meister Linji suchte Meister Bingdian An auf. Auf dem Weg dorthin begegnete ihm eine alte Frau, die einen Ochsen aufs Feld trieb. Linji fragte sie: “Welches ist der Weg, der zu Bingdian führt?” Die Frau schlug den Ochsen mit ihrem Stock und sagte: “Dieses Tier. Es läuft überall hin, ohne den Weg überhaupt zu kennen”. Linji wiederholte: “Ich habe dich etwas gefragt. Welches ist der Weg, der zu Bingdian führt? Die Frau sagte: “Dieses Biest! Es ist fünf Jahre alt und kann immer noch nicht dazu gebracht werden, sich nützlich zu machen. Linji sagte zu sich: “Wenn du von dem Menschen, den du vor dir hast, etwas erfahren willst, beobachte zuerst, was er tut”. Und er hatte das Gefühl, dass ein Stolperstein aus dem Weg geräumt war. Als er bei Meister An eintraf, fragte dieser ihn: “Ist dir meine Schwägerin begegnet?” Linji sagte: “Ja, ich wurde bereits von ihr an die Kandare genommen”.

Mit Zazen und drei Stellvertreter*innen haben wir im “Koan-Worldcafe” das Koan erforscht, sind nacheinander in die drei Positionen der Geschichte eingetaucht, um am Ende aus drei unterschiedlichen Perspektiven bei uns selbst anzukommen.

Dabei begleiteten uns Fragen wie “Ist es möglich, dem launischen Geist beizubringen, auf dem Dharma-Weg zu bleiben?”, “Wie heißt Dein innerer Ochse?” und “Wenn Du einer Fremden begegnest, woran erkennst Du, ob es eine Lehrerin ist?”

Danke an Johanna To Jaku für diese wunderbar bunte Methodenvielfalt und kreative Heranführung an die Koan Arbeit und das eigene Erleben.

Sesshin mit Muhô im Kô Getsu An

Weil dir der Weg im Weg ist, wird dieser Ort ganz klar, weil dir das Erwachen im Weg ist, wirst du ganz zu dem, der du bist” (Dogen)

Das Wochenende mit Muhô im Kô Getsu An war eine wunderbare Erfahrung, auch wenn das ungewohnt lange Sitzen im Antaiji Stil nicht nur angenehm war. Ich höre diejenigen, die dabei waren, jetzt gerade kurz auflachen, denn den meisten wird es ähnlich gegangen sein. Die vielen Stunden Zazen, die Erschöpfung, die Verzweiflung, das Aufgeben, Wechselbäder von Gefühlen, all das geht an die Substanz. Im Anschluss an das Sesshin drang von verschiedenen Seiten die Frage an mein Ohr, die ich mir zwischendurch auch gestellt habe, “Warum?” Meine Antwort finde ich am nächsten Abend, während des Zazen, “Genau darum!”

Und plötzlich ist da dieses Feuer auf Deinem Kopf?!

Wie kann ich dieses Feuer löschen? Der Weg, Zazen steht mir im Weg, fordert mich heraus, Kontrolle scheint unmöglich. Darüber nachgedacht hatte ich im Vorfeld schon, doch die Erfahrung ist wieder etwas anderes. Der Impuls, einfach wegzugehen, zurück zu der Person, die ich gerne wäre, die sich im Leben und in seinen Rollen eingerichtet hat. Der Mann, der Vater, der Mönch, all das hilft nun nicht mehr weiter. Und so zerfallen die Bilder, die ich mir von mir selbst und meiner Praxis mache. Vieles davon habe ich bis heute natürlich längst wieder aufgesammelt, doch ich glaube, es ist wichtig, die eigenen Routinen immer wieder zu durchbrechen, um Raum zu schaffen für Neues.

Zum Ende des Sesshins schenkte uns Muhô ein Teisho zu Dogen´s Tenzo Kyokun. Dies passte nicht nur deshalb so wunderbar, weil wir, nach gerade mal etwas mehr als einem Jahr, bereits viele Zutaten (Mangold, Tomaten, Äpfel, Kapuzinerkresse usw.) aus dem Garten des Kô Getsu An für die gemeinsamen Mahlzeiten nutzen konnten. Dogen´s Verschmelzung von Alltags- und Zenpraxis in der Rolle des Klosterkochs bot Muhô an praktischen Beispielen dar, in denen wohl jeder und jede etwas für sich entdecken konnte. “Wie kultivieren wir die drei Herzen des Kochs?”, “Sortiere ich den Reis aus oder den Sand?”, egal was wir von diesem Sesshin mitnehmen, eine Frage oder eine Antwort, wir alle teilten eine intime Erfahrung von Gemeinschaft und Stille, in den Grenzregionen dieses Körper-Geistes.

Danke an Muhô, Johanna (Tenzo) und die Küchencrew und die Sangha.