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Zazen kufu

Unter dem Titel „A Zen master and inemuri zazen“ zitierte Muhô im Jahr 2010 in seinem Blog „Adult practice“ aus einem Newsletter des Itabashi Zenji-Tempel in Gotanjoji. Gotanjoji ist eines von etwa dreißig offiziellen Soto-Schulungsklöstern und Itabashi war (er ist mittlerweile verstorben) einer von drei lebenden Menschen, die den Titel eines Zenji trugen.

Itabashi Zenji schrieb darin:
„Ich hatte schon immer eine schlechte Körperhaltung, seit ich jung war. Ich bin ein wenig gebückt und lasse den Kopf nach vorne hängen. Ich versuche schon seit langem, das zu ändern. Aber nichts scheint zu helfen. Also dachte ich, dass ich es vielleicht von meiner Mutter geerbt habe, „es muss in den Genen liegen“, sagte ich mir. Meine Haltung, besonders während Zazen, ist schlecht… Ich mache auch viel Inemuri (so nennt man die japanische Praxis, während der Arbeit zu schlafen) während Zazen. Vielleicht liegt es auch an meiner schlechten Haltung, dass ich viele unberechenbare Gedanken und Visionen habe, die während Zazen immer wieder auftauchen…. Mehrmals habe ich den Mönch, der mit dem Kyosaku herumläuft, gebeten, meine Haltung zu korrigieren und mich aus dem Inemuri zu holen, indem er mich sehr hart schlägt. Aber aus irgendeinem Grund ignoriert er diesen alten Mönch. Und nicht nur das: Einer der Mönche hat sogar ein Foto von meinem Zazen-Inemuri gemacht und es mir gezeigt! 60 Jahre sind vergangen, seit ich als Student in Sendai mit Zazen begonnen habe. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben und dachte mir: „Sieh mal, was für ein Mönch du geworden bist! Ich begann, mir während des Zazen ein kleines Kissen auf den Kopf zu legen. Und es brachte das Ergebnis, das ich erwartet hatte: Immer wenn ich anfange, Inemuri zu machen, fällt das Kissen von meinem Kopf und ich wache auf. Manchmal kommt es vor, dass das Kissen während einer Zazen-Periode zehnmal fällt. Vor allem während der zweiten Stunde am Morgen.

Seit ich das Kissen auf den Kopf lege, hat sich meine Haltung so sehr verbessert, dass ich es selbst erkennen kann. Meine Wirbelsäule scheint gerade zu sein und verbindet das Steißbein direkt mit dem oberen Teil meines Schädels. Meine Hüften sind geerdet und ich beginne ganz natürlich aus dem Bauch heraus zu atmen…“.

Muhô bemerkte dazu: „Ich denke, wir können aus diesem Newsletter viele Dinge lernen. Von der Demut eines wahren Zen-Meisters zum Beispiel. Aber auch über die Bedeutung von zazen kufu, einem der beiden Aspekte der Zen-Praxis, die Dogen Zenji am Ende des Gakudoyojinshu erwähnt (der andere Aspekt ist monpo sanshi, d.h. die Begegnung mit einem Meister und das Fragen nach dem Dharma, bzw. vom Dharma in Frage gestellt werden). Zazen kufu bedeutet, sein Bestes in Zazen zu geben, „sein Bestes geben“ bedeutet hier, zu experimentieren, verschiedene Wege auszuprobieren, alles zu geben, niemals aufzugeben. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der ein solches Kufu macht, wie Itabashi Zenji in seinem hohen Alter. Respekt!“ Muho Noelke, Abt von Antaiji (2010)

In unserer Praxis des Zen & Sensory Awareness experimentieren wir ebenfalls häufig mit einem Säckchen oder einem Stein, um die Aufrichtung mit der Schwerkraft und die Wirkung auf die Haltung zu erforschen. Muhô´s Zeilen zum zazen kufu sind eine Ermutigung, inmitten der Form, kreative Wege zu finden, diese mit Leben zu füllen. Ob wir nun mit einem Säckchen auf dem Kopf oder anderen Dingen, dem Boden, dem Zafu, einem Stock, einer Schale Tee üben, ob wir die Gesten, die Schwerkraft oder einfach den Atem erforschen, alles ist eine Gelegenheit die Praxiserfahrungen zu vertiefen. Dabei geht es nicht um die Aspekte von „richtig und falsch“, sondern darum, uns immer wieder neu in Beziehung zu erleben und uns vertrauensvoll in die Wirklichkeit hinein zu werfen.

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