“Der Mond schaut freundlich auf die Einsiedelei”
Die Einsiedelei klarer Mond macht ihrem Namen wieder alle Ehre und so erhellte der Vesakh-Mond* an diesem Wochenende die Umgebung des Kô Getsu An und unseren Geist. Beim Sesshin mit Christoph Rei Ho Hatlapa konnten wir eben diesen Herz-Geist berühren und es war schön zu erleben, wie unsere Gruppe in der Übung von Kooperation, Mitgefühl und Nachsicht mehr und mehr zu einem Körper wurde. Diese Erfahrung ist gerade in Zeiten der Konfrontation und der kriegerischen Auseinandersetzungen ein wichtiger Anstoss für ein Umdenken und ein Erwachen.
An jedem Tag gab es Dokusan sowie ein Teisho von Christoph. In einem seiner Vorträge erläuterte er u.a. am Model des Kreises die Entwicklungphasen des Menschen, die sich auch auf die Zen-Übung anwenden lassen. Die einzelnen Abschnitte bergen immer die Möglichkeit eines Erwachen und einer Transformation ebenso, wie den Hang zu einer neuen Anhaftung. Nach einer Phase der Orientierung folgt meist eine Phase der Rebellion und des Widerstands gegen das Alte. Gehen wir durch diese Phase, kommt es zur Phase der Entsprechung, in der wir Zeit und Ort in angemessener Weise begegnen. Die nächste Entwicklung führt zum “Götterblick”, der Erkenntnis des “Alles ist Eins”. Von hier aus müssen wir allerdings weitergehen und wieder in die Welt des “Wassertragens und Kartoffelschälens” eintreten, in der Berge wieder Berge und Flüsse wieder Flüsse sind. In diesem Zusammenhang sprach Christoph über die Vergänglichkeit als einem Schatz, aus dem Leben erst geschehen kann. An anderer Stelle ließ er in wunderbarer Weise auch wieder einen der alten Zen-Meister (Toksan) lebendig werden.
Tiefe Stille, kraftvolle Rezitationen und geschäftiges Treiben wechselten an dem Wochenende einander ab. Im Samu wurde viel in Haus und Garten geputzt und gewerkelt und die Tenzo versorgte uns mit etlichen guten Zutaten aus dem Garten, die landläufig als “Unkraut” (Giersch, Gartenmelde) wahrgenommen werden und doch lecker und nahrhaft sind. Christoph´s neu entdeckte Leidenschaft für das Tuschezeichnen beschenkte uns am Ende des Sesshins dann noch mit je einer Kaligrafie.
Dankbarkeit mischt sich schon jetzt mit grosser Vorfreude auf das nächste Sesshin mit Christoph Rei Ho Hatlapa im Ko Getsu An im November 2022.
Gleichzeitig sei hier auf das traditionelle Pfingstsesshin mit Christoph Rei Ho Hatlapa im Tempel der Choka Sangha in Steyerberg hingewiesen.
* Zum Vollmond im Mai (16.05.2022) wird in vielen buddhistischen Traditionen der Geburt, dem Erwachen und dem Tod Buddhas gedacht. Im Zen ist kanbutsu-e (灌仏会) ein Feiertag zur Geburt Buddhas und gehört neben den Feierlichkeiten zum Tod des Buddha (nehan-e 涅槃会) am 15. Februar und dem Fest zur Erleuchtung des Buddha (jōdō-e 成道会) am 8. Dezember zu den drei großen buddhistischen Feiern in Japan.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.